Johanna Öttl
Eröffnungsvortrag
Freitag, 07.06.2024
17.30 Uhr
Ästhetiken des Grotesken werden immer dann aktiv, wenn die Beschaffenheit gesellschaftlicher, politischer, medialer etc. Ordnungssysteme zur Diskussion steht. Sie verhalten sich agonal zu gültigen Darstellungskonventionen der jeweiligen Zeitgenossenschaft und lenken den Blick auf die Reziprozität von außerliterarischen Diskursen und Literatur. Insofern besteht das Groteske nicht nur aus einer Häufung von Motiven, vielmehr bietet es die Möglichkeit, ‚groteske‘ Texte und deren Verfasser*innen in jenem literarischen Bezugssystem zu verorten, an dem sie sich reiben.
Für die Literatur der Wiener Gruppe und ihr Umfeld lässt sich zeigen, wie spezifische literarästhetische Verfahren das Groteske konstituieren und so die österreichische Neoavantgarde agonal zu den Konventionen der 1950er und 1960er Jahre positionieren. Dadurch konnte sich in Gestalt einer konstitutiv heterogenen Poetik ein neues Paradigma in der österreichischen Nachkriegsliteratur etablieren, zu deren Motoren das Groteske zu zählen ist. (Johanna Öttl)