Claudia Larcher
Screening
Sonntag, 09.06.2024
17.00 Uhr
(AT 2022 | 5 min 30 sec)
Die Dreifaltigkeit im Titel sagt im Grunde alles: dass die Identität im digitalen Zeitalter, insbesondere unter entsprechenden Bildproduktions- und Reproduktionsprozessen, einer unaufhörlichen Vervielfältigung unterliegt. Oder anders ausgedrückt: dass das Ich, man kann es auch das "digitale Subjekt" nennen, heute einer technologisch befeuerten Spaltungstendenz unterliegt, die jedoch von einer trüben Illusion der Einheit umhüllt ist.
Claudia Larchers "Me, Myself and I" tut nichts weniger, als dieses zersplitternde und gleichzeitig re-synthetisierende Moment in produktive Kollision miteinander zu bringen. Die Versuchsanordnung dazu ist so einfach wie bestechend: Larcher hat ein GAN (Generative Adversarial Network) mit 350 Fotografien von sich selbst (bis zum Alter von 24 Jahren) gefüttert, woraus ein sich ständig verformender Strom von Bildern resultiert, der über die ursprünglichen Fotos hinaus noch weitere Ansichten von Identität enthält. Babygesicht, Mädchenkopf, junge Frau, fast vorwärts ins Alter und wieder zurück ins Kleinkindhafte - all dies in einem sich ständig wandelnden Strom, der unmerklich das eine in das andere übergehen lässt. So wird ein digital vermitteltes Werden inszeniert, das sowohl auf ein produktives Verschwinden als auch auf eine ständige Neuerschaffung verweist - die Auslöschung alles Bisherigen bis hin zur völligen Abstraktion bei gleichzeitiger Wiederherstellung und Vorwegnahme des Kommenden. Groteske Verformung trifft auf grimassierende Neufokussierung, organisch-synthetisch-hybrid, mit immer wieder aufblitzenden, lächerlichen Gesichtsausdrücken, wie man sie von Snapchat und anderen Bildbearbeitungsfiltern kennt.
Dass all dem keine wie auch immer geartete Meistererzählung darüber zugrunde liegt, was KI kann oder möglicherweise will, zeigt der Soundtrack. Larcher hat hier Dialoge, die sie mit verschiedenen Chatbots über Identität geführt hat, zu einem Skript verarbeitet, das Fragmente der Ich-Wahrnehmung multidirektional miteinander verknüpft. Die "reflexive Selbstreferenz", die immer wieder als Kern jeder Identität angesprochen wird, ist möglicherweise selbst nicht mehr als ein Platzhalter für eine nicht zu bändigende Vielheit. Oder für den Rand der Nichtexistenz, der sich in den lebendigen Fetzen der vor sich hin delirierenden Porträts ebenso betörend ausdrückt. (Christian Höller)
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