Kurt Steinwendner (und Wolfgang Kudrnovsky)
Screening
Samstag, 08.06.2024
13.00 Uhr
(AT 1951 | 13 min)
Ganz im Sinne von Poes Originaltext zeigt uns der Film Der Rabe, der in einem einzigen Raum spielt, einen am Schreibtisch sitzenden Mann (Leopold Rudolf), der mit seiner Vergangenheit kämpft. Der Mann wird vom Tod der Frau gequält, die er liebte (Leonore, ein Name, der ihm oft in den Sinn kommt). Plötzlich hört er ein Klopfen an seinem Fenster. Es handelt sich um ein seltsames Geräusch. Er öffnet das Fenster und ein Rabe steigt ein, der immer wieder sagt: „Nimmermehr!“.
Der Rabe drückt also gut das Gefühl der wachsenden Angst aus, das Poes Originaltext charakterisiert. Dasselbe gilt für das tiefe Schuldgefühl, das für die Poetik des amerikanischen Autors typisch ist, obwohl der Protagonist in diesem Fall keine Schuld am Tod seiner Geliebten trägt. Und Steinwendner ließ sich von vergangenen Werken inspirieren, die auch starke Einflüsse des deutschen Expressionismus zeigen.
Elegante Licht- und Schattenspiele, Sonnenlicht, das durch einen geschlossenen Fensterladen filtert, Statuen, die ihre dunklen Schatten an die Wand werfen, Bilder, die durch eine Wasseroberfläche gefiltert zu sein scheinen, scheinbar leblose Frauenhände (die fast wie Schaufensterpuppen aussehen), die den Arm des Protagonisten berühren und schließlich ihn: den Raben. Der Rabe betritt flatterhaft den Raum und kommt auf dem Kopf der Statue der Minerva zur Ruhe. Der Rabe wiederholt immer wieder dieses kalte und mitleidlose Wort. Und neben ihm ein verzweifelter Protagonist, der ihn fragt, ob es möglich sein wird, seine Geliebte wiederzusehen, aber immer die gleiche Antwort bekommt.
Der Rabe von Kurt Steinwendner ist all dies. Ein Werk, das die natürliche Vollendung von Poes Poesie darstellt. Eine Verfilmung, die, zwar perfekt dem Text des Gedichtes entspricht, nie didaktisch ist.
Der Film, der auch dank der Mitarbeit des Psychologen, Schriftstellers und Fotografen Wolfgang Kudrnofsky entstand, ist heute ein Meilenstein des österreichischen Films, der die produktive Avantgarde-Strömung hervorgebracht hat. Eine Strömung, die sich als Flaggschiff des österreichischen Filmschaffens präsentiert.
Mit herzlichem Dank an das Filmarchiv Austria (Rechteinhaber)
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